Donnerstag, 30. Juni 2022
Studie: Armutsquote erreicht Höchststand
Die Armutsquote in Deutschland hat nach Angaben des Paritätischen
 Wohlfahrtsverbandes im vergangenen Jahr mit 16,6 Prozent neuen Höchststand
 erreicht. 13,8 Millionen Menschen müssen demnach zu den Armen gerechnet
 werden, 600.000 mehr als vor der Pandemie, heißt es in dem am Mittwoch in Berlin
 vorgestellten Armutsbericht 2022. Angesichts der Inflation rechnet der Verband
 mit einer weiteren Verschärfung der Lage. Der Paritätische forderte von der
 Bundesregierung ein weiteres Entlastungspaket das bei Grundsicherung,
 Wohngeld und BAföG ansetzt.
Als arm gilt laut Bericht "jede Person, die mit ihrem Einkommen unter 60 Prozent
 des mittleren Einkommens liegt" - bezogen auf das Nettoeinkommen einschließlich
 aller sozialen Transferleistungen.
"Die Befunde sind erschütternd, die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie
 schlagen inzwischen voll durch", sagte der Hauptgeschäftsführer des
 Paritätischen, Ulrich Schneider. Noch nie sei auf der Basis des amtlichen
 Mikrozensus ein höherer Wert gemessen worden. 2020 hätten verschiedene
 Maßnahmen von Bund und Ländern noch dafür gesorgt, "dass die Armut trotz des
 wirtschaftlichen Einbruchs und des rapiden Anstiegs der Arbeitslosigkeit nur
 relativ moderat anstieg".
Auffallend sei ein ungewöhnlicher Zuwachs der Armut unter Erwerbstätigen von 9
 auf 13 Prozent. Besonders betroffen seien auch Rentner mit einer Quote von knapp
 18 Prozent und Kinder und Jugendliche mit einer Quote von knapp 21 Prozent.
Regional zeigt sich Deutschland laut Armutsbericht tief gespalten. Während sich
 Schleswig-Holstein, Brandenburg, Baden-Württemberg und vor allem Bayern
 positiv absetzten, wiesen fünf Bundesländer überdurchschnittlich hohe
 Armutsquoten auf: Nordrhein Westfalen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Berlin und
 Bremen mit einer Armutsquote von 28 Prozent. Das Ruhrgebiet bleibe die größte
 "Problemregion" mit einer Quote von 21 Prozent.
Der Wohlfahrtsverband bewertete das jüngste Entlastungspaket als "ungerecht
 und unzureichend". Die steigenden Lebenshaltungskosten führten zu einer
 dramatischen Vertiefung der Armut und verlangten entschlossene
 Hilfsmaßnahmen. "Wir haben keinerlei Verständnis dafür, wenn die
 Bundesregierung wie mit der Gießkanne übers Land zieht, Unterstützung dort
 leistet, wo sie überhaupt nicht gebraucht wird", sagte Schneider.
 Nur zwei Milliarden Euro des insgesamt 29 Milliarden-Euro-schweren Entlastungspakets
 seien gezielte Hilfen.
Text: KNA
 
        